Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum – Wie der Weihnachtsbaum nach Großbritannien kam

Alle Jahre wieder erscheinen in den ersten Dezemberwochen nach und nach mit bunten Kugeln, Lametta, Lichterketten und allerlei Figürchen geschmückte Tannenbäume in den lauschig erleuchteten Wohnzimmern der Briten.  Der Weihnachtsbaum gehört mittlerweile zum zentralen und unverzichtbaren Dekorelement des britischen Weihnachtsfestes. Doch das war nicht immer so.

Bei ihrer Weihnachtsansprache im Jahr 2015 erinnerte Queen Elizabeth II. daran, dass ihr Ururgroßvater Prinzgemahl Albert von Sachsen-Coburg und Gotha (1819–1861), der Ehemann Queen Victorias (1819–1901) die Tradition des Weihnachtsbaums in Großbritannien verbreitete.

Mit diesem Brauch war Albert bereits seit Kindertagen gut vertraut und so brachte er ihn nach der Heirat mit seiner Cousine Queen Victoria im Jahr 1840 auch in seine neue Heimat mit. Im Jahr 1848 druckte die Zeitung „The Illustrated London News“ ein Bild, das die königliche Familie zeigte, wie sie sich um einen prächtig geschmückten Weihnachtsbaum versammelte.

V-and-A-Tree-1848

Victoria und Albert nahmen die Dekoration des Baumes in Windsor Castle übrigens höchstpersönlich vor. Da das öffentliche Interesse an der königlichen Familie groß war, verbreitete sich die Nachricht von der eigenartigen Tradition des deutschen Prinzgemahls schnell auf der ganzen Insel; und wurde fleißig imitiert. Bald schon hatte sich der Brauch im gesamten Königreich durchgesetzt.

Im vergangenen Jahr wurde vor Schloss Windsor neben der Statue von Queen Victoria ein ganz spezieller Weihnachtsbaum errichtet. Ein prächtiges Gewächs, das eigens aus Coburg angeliefert wurde. Bei dem royalen Weihnachtsgeschenk aus Deutschland handelte sich um eine zwölf Meter hohe Nordmanntanne mit rund 1000 mundgeblasenen Weihnachtskugeln aus Lauscha. Der Baum stammte aus dem Wald der Familie Sachsen-Coburg und Gotha, aus dem einst auch Prinz Albert den ersten Weihnachtsbaum nach London brachte.

Wenngleich Albert und Victoria den geschmückten Weihnachtsbaum berühmt gemacht haben, so hatte sich diese Tradition zumindest in royalen Kreisen bereits viel früher etabliert. Königin Charlotte (1744–1818), die deutsche Ehefrau Königs George III. (1738–1820) ließ schon in den 90er Jahren des 18. Jahrhunderts alljährlich einen geschmückten Weihnachtsbaum für ihre Familie aufstellen. Aber auch Queen Victoria, die eine deutsche Mutter hatte, war es gewöhnt, an Weihnachten ein Bäumchen zu verzieren. Dennoch war zu jener Zeit dieser Brauch beim Volk noch weitgehend unbekannt. Man schmückte die Stube höchstens mit einem Mistelzweig, stellte sich aber keinen kompletten Baum ins Zimmer.

Seinen Siegeszug jedoch erlebte der Weihnachtsbaum in Großbritannien erst mit Albert und Victoria. Die ersten britischen Weihnachtsbäume waren zumeist mit Wachskerzen, Fähnchen, kleinen Ornamenten, Süßigkeiten und Geschenken dekoriert und wurden für gewöhnlich in Töpfe gepflanzt und auf Tischen platziert. Drumherum waren Geschenke drapiert. Bis in die 1880er Jahre hinein wurden die Bäume aus Deutschland importiert und waren recht teuer.  Dann wurde die heimische norwegische Fichte populär und größere Bäume wurden erschwinglicher, die von da an auf den Boden gestellt wurden.

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Victorianische Weihnachtsszene aus: William Sandys, Christmas-tide, Its History, Festivities and Carols, With Their Music (London: John Russell Smith, 1852), p. 151.

An der Geschichte des Weihnachtsbaumes zeigt sich, dass viele Traditionen und Bräuche keine nationalen Grenzen kennen, sondern durch eine gemeinsame, länderübergreifende Kulturgeschichte miteinander verknüpft und verwoben sind. In Zeiten von Brexit und nationalstaatlicher Rückbesinnung sollten wir uns daran erinnern, dass unsere kulturellen Werte und Errungenschaften nicht auf Abschottung und Abgrenzung beruhen, sondern durch Vielfalt und Offenheit entstanden sind.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine besinnliche Weihnachtszeit!

Welche Erfahrungen hast du mit dem englischen Brauchtum rund um den Weihnachtsbaum gemacht? Sind dir Unterschiede zu Deutschland aufgefallen?

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6 Gedanken zu “Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum – Wie der Weihnachtsbaum nach Großbritannien kam

  1. “In Zeiten von Brexit und nationalstaatlicher Rückbesinnung sollten wir uns daran erinnern, dass unsere kulturellen Werte und Errungenschaften nicht auf Abschottung und Abgrenzung beruhen, sondern durch Vielfalt und Offenheit entstanden sind.”
    Wie trefflich formuliert, liebe Steffi! Davon sollten sich die dämlichen Politiker in allerherren Länder mal dicke Scheiben von abschneiden!
    Dir und Deinen Lieben ein wahrlich geruhsames Weihnachtsfest vornehmen guten Rutsch ins neue Jahr 🙂
    Ganz LG 🙂

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  2. Hi liebe Steffi, vielen Dank für deinen tollen Bericht. Ich habe vor vielen Jahren in England gelebt und fand die Tradition des Karten aufhängens sehr schön. Klappt heute wahrscheinlich nicht mehr so toll, da meistens Email verschickt werden. Früher wurden Schnüre quer durchs Wohnzimmer gezogen und alle ankommenden Weihnachtskarten als Deko daran aufgehangen. Je mehr Karten du selber verschickt hast je mehr bekamst du um so bunter würde es. Ich habe das nach meiner Rückkehr auch einige Jahre gemacht, aber heute lohnt es sich bei den 5 Karten nicht mehr. Die stehen jetzt auf der Kommode.
    Ich wünsche dir ein frohes Fest 🎄 und ein wunderbares 2018.
    Ganz liebe Grüße Cat

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    • Hallo liebe Cat, herzlichen Dank für deinen Kommentar. In der Tat gibt es diese Tradition immernoch recht ausgeprägt. Trotz Emails und Whatsapp schicken sich die Engländer nach wie vor reichlich Karten und ziehen Schnüre durchs Wohnzimmer. Wir stellen sie aber einfach aufs Fensterbrett. Aber es stimmt, es werden Jahr um Jahr weniger. Auch dir wünsche ich ein wundervolles Fest und einen guten Rutsch!

      Allerliebste Grüße
      Steffi

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  3. Schöner Artikel; vielen Dank. Ich habe gerade heute Morgen mit meiner Tante darüber gesprochen, dass wir so gar nichts über englische Weihnachtstraditionen wissen. Mein Cousin feiert bei der Familie seiner nordirischen Freundin – und wir wussten nicht mal, ob es unterschiedliche Gebräuche bei Nordiren und Engländern gibt.

    Ach je, Brexit usw. Umso mehr wünsche ich Dir frohe Weihnachten. Stefanie

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    • Danke liebe Stefanie. Oh bei den Nordiren kenne ich mich auch nicht so aus. Ich vermute, dass es eventuell etwas beim Essen variiert, denn hier bei uns gibt es ja den Yorkshire Pudding, der ein zentraler Bestandteil ist. Also ähnliche regionale Unterschiede wie es sie auch in Deutschland in verschiedenen Bundesländern gibt. Ich persönlich mag den deutschen Heiligabend lieber, der hier gar keine so große Rolle spielt. Ich finde es auch total ungemütlich, die Geschenke erst am nächsten Morgen auszupacken.
      Dir und deiner Familie wünsche ich auch ein Frohes Fest!!!

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